Sonntag, 20. März 2016

What's right? zur CDU-Krise CDU wird zum Kanzlerinnenwahlverein

Die CDU ist unter Kanzlerin Merkel nach links gerückt. Damit gewinnen die Christdemokraten keine neuen Wähler, sondern verlieren bloß ihre alten. In der CDU macht ein Schreckensbeispiel aus Italien die Runde.

Die Krise der CDU ist größer als sie scheint. Das jüngste Wahlergebnis hat die Volkspartei erdbebenhaft tief erschüttert. In ihrem Stammland Baden-Württemberg hat die CDU in der Merkel-Ära jeden dritten Wähler verloren. Ein Wähleranteil von 27 Prozent markiert das schlechteste Ergebnis der Geschichte. Auch im Heimatland Helmut Kohls sackt die CDU auf historische Tiefstwerte ab. Eine Analyse der Adenauer-Stiftung warnt, dass man inzwischen sogar in der Stammwählerschaft einbreche. Es gebe überdurchschnittliche Verluste bei Älteren, Katholiken, Selbständigen und Landwirten.

Die Krise der CDU ist durch die Migrationspolitik der Bundesregierung dramatisch beschleunigt worden – doch sie zeichnete sich schon länger ab. Bei den letztjährigen Bürgerschaftswahlen in Bremen und Hamburg - also noch vor der Offentor-Politik Merkels – brachte sie es schon nurmehr auf peinliche 22,4 und 15,9 Prozent. Die Partei schlittert seit vielen Landtagswahlen auf abschüssigem Terrain. Sie hat in der Merkel-Ära ein halbes Dutzend Landesregierungen verloren – und gewinnt sie nicht mehr zurück. Sie wirkt inzwischen wie ein Scheinriese im Zaubermantel einer Kanzlerin, die nurmehr auf den Stelzen ihrer selbst umher stakst.

Nun kommt der Niedergang der CDU zusehends einem Achsbruch gleich, denn die Partei verliert ihre magische Autorität selbstverständlicher Macht und Mehrheit. Ihre Akzeptanz und ihr Selbstbewusstsein erodieren in einer Geschwindigkeit, die man ansonsten nur von Bundesliga-Absteigern kurz vor Saison-Ende kennt. Der spektakuläre Aufstieg der neo-konservativen AfD ist daher für die Union brandgefährlich, denn er trifft die Union im Moment großer Schwäche und könnte die Machtarchitektur der CDU an ihren Pfeilern brechen.

Die CDU ist unter Angela Merkel – was vielfach gelobt wird – „modernisiert“ worden, sie habe sich „neuen Milieus und Themen geöffnet“, sie habe „alten Ballast abgeworfen“ und sei für „metropolitane, junge Wählerschichten anschlussfähig“ gemacht worden. In Wahrheit ist die CDU unter der Kanzlerin bloß nach links gerückt – und sie gewinnt damit keine neuen Wählerschichten sondern verliert ihre alten.

Die Union hat derzeit keinen konservativen Flügel mehr, auch ihr wirtschaftsliberaler ist weitgehend verschwunden. Der Partei fehlen profilierte Köpfe wie Friedrich Merz oder Roland Koch. Einzig Wolfgang Bosbach ist wie ein letzter Herold des Traditionsbürgerlichen tapfer unterwegs und wird vom Kanzleramt nurmehr geduldet wie ein Hofnarr seiner Majestät.

Während Helmut Kohl immer darauf achtete, dass eine Volkspartei wie ein Vogel nur mit breiten Flügeln fliegen können (er darum von Kanther bis Blüm die Lager gezielt einband), wirkt die CDU heute wie ein stromlinienförmiger Flugrumpf des manisch Mittigen.

Die Deformierung der Partei hin zum reinen Kanzlerinnen-Wahlverein führt auch dazu, dass der Wettbewerb um Ideen und Konzepte eingeschläfert ist. Wo bleibt eine Wertedebatte, eine Privatisierungsidee, ein bürgerliches Entlüftungsprogamm für den Bürokraten- und Bevormundungsstaat?

Wenigstens eine Steuervereinfachung? Wo bleibt eine Kultur- und Geschichtspolitik, die ernsthaft nach Herkunft und Identität und Kulturformen der Eigentlichkeit und nicht bloß der politisch-korrekten Machbarkeit fragt? Wo bleibt eine Medienpolitik, die die dramatische Krise des öffentlich-rechtlichen Systems wenigstens hinterfragt?

Wo bleibt eine Familien- und Mittelstandspolitik, die der Mitte der Gesellschaft endlich das Gefühl zurück gibt, sie seien auch abseits von Sonntagsreden wichtig in diesem Land? Wo bleibt die große Bildungsoffensive, die Deutschland schon so lange versprochen wird? Wieso bauen wir nicht die besten Universitäten der Welt? Wo bleibt der Schutz vor wachsender Kriminalität und Islamisierung? Weil es in der CDU keiner fordert. Der größte Erfolg bürgerlicher Politik der vergangenen Jahre liegt in der Freigabe des Fernbusverkehrs aus staatlichen Verbotswelten.

Die völlige Konzentration der Union auf eine einzelne Frau und auf ihren sozial-grün-demokratischen Kurs droht für die CDU gefährlich zu werden. Manche in der CDU studieren bereits mit Sorge das Schicksal der italienischen Democrazia Cristiana. Die war die wichtigste, die staatstragende Nachkriegspartei Italiens und stellte für Jahrzehnte fast alle Ministerpräsidenten. Sie war gewissermaßen die CDU Roms. Doch sie begab sich in den siebziger Jahren auf einen merkelartigen Linkskurs, der mit ähnlichen Argumenten vollzogen wie das heue bei den CDU-Modernisierern zu hören ist.

Damals feiert man eine „compromesso storico“ (einen historischen Kompromiss), dass die Christdemokraten fortan auch mit Kommunisten kooperieren können sollten. Über Jahre des Niedergangs hinweg regierte die DC noch mit linken Parteien, erkannte im wachsenden Etatismus ein Instrument zum Machterhalt und formierte zusehends ein politisches Kartell aus fünf Parteien, dass die Italiener schließlich „Pentapartido“ nannten.

Sie gaben damit einerseits den Raum nach rechts frei für neue, und dann tatsächlich modernere, wenn auch entschieden rechtere Parteien. Zugleich verstrickten sie sich im Dauerregieren zusehends in ein selbstgefälliges Machtkartell, das letztlich in Korruption, Mafia und Vetternschaft enden musste. Der völlige Niedergang der DC vollzog sich dann im Zeitraffertempo. Heute existiert sie nicht mehr.

Pessimisten in der CDU und Mahner aus der CSU fürchten bereits, dass die AfD so etwas werden könnte wie die „Forza Italia“ oder die „Lega Nord“ für die DC - die Totengräber der eigenen Partei. Dafür freilich müsste die AfD erst einmal ihre Demokratiefähigkeit beweisen. Vor allem aber müsste die Union aus ihren Fehlern einer blinden Merkel-Gefolgschaft, einer falschen Migrationspolitik und einer linken Schräglage nichts lernen und stumm wie stur auf „weiter so“ setzen. Kaum vorstellbar?

Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/whatsright/whats-right-zur-cdu-krise-cdu-wird-zum-kanzlerinnenwahlverein/13338798.html

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