Die Veranstalter des Lesbisch-schwulen Stadtfestes am Nollendorfplatz werben für Toleranz und kämpfen gegen Vorurteile. Doch sie haben offenbar selbst welche.
Am 16. Juli ist es wieder so weit. Dann wird auf den Straßen rund um den Nollendorfplatz das Lesbisch-schwule Stadtfest gefeiert.Dort präsentieren sich auch gerne die Politiker. Alle Parteien sind traditionell vertreten. Auch die Alternative für Deutschland (AfD) wollte kommen, darf aber nicht.
Diese Nachricht hatte ich in meiner eigenen Zeitung gelesen, in der B.Z. vom 27. März. Eine Begründung für die Ablehnung stand nicht dabei.
Eine solche Begründung gab es auch gar nicht. Denn in einem äußerst knappen Schreiben hatte der Veranstalter des Stadtfestes, der Regenbogenfonds der schwulen Wirte e. V., die AfD lediglich wissen lassen: „Eine Teilnahme am Lesbisch-schwulen Stadtfest ist nicht möglich. Mit freundlichen Grüßen (…)“
In seinem Bewerbungsschreiben hatte AfD-Landesschatzmeister Frank-Christian Hansel erklärt, warum die Partei am Straßenfest interessiert sei: „Anders als in der Presse (…) manchmal wahrgenommen“ sei „die AfD selbstverständlich keine homophobe Partei“, sondern habe, „wie jede andere gesellschaftliche Gruppe oder Partei auch, gleichgeschlechtliche Mitglieder“.
Ich fragte bei den schwulen Wirten nach, weshalb die AfD ausgeschlossen wurde. Antwort: „Der Regenbogenfonds ist nicht zu einer Begründung bei einer Ablehnung verpflichtet.“
Stimmt, aber warum geben sie keine Begründung? Antwort: Ich solle mir die Pressmitteilung der Berliner Aids-Hilfe vom 31.3.2016 durchlesen.
Das tat ich, wie mir aufgetragen war. Ich las: „Die Berliner Aids-Hilfe e.V. will (…) ein Zeichen gegen rechts setzen.“ Auch gegen „Lesben und Schwule“, „die mit der Protestbrille vor den Augen“ die AfD wählen.
Und weiter heißt es: Man sage zwar „Ja zu Protest“. Dieser Protest dürfe sich „aber nicht hinter populistischen Phrasen verstecken und zulasten von gesellschaftlichen Minderheiten gehen“.
Werbung für das Lesbisch-schwule Stadtfest 2016: Toleranz mit gewissen Einschränkungen |
Da haben die Verfasser recht. Populistische Phrasen wollen wir nicht und schon gar nicht zulasten von Minderheiten. Aber wer entscheidet darüber, ob der Protest nun noch anständig oder aber schon populistisch ist?
Im Falle des Straßenfestes haben das die schwulen Wirte entschieden. Sie unterstellen den Homosexuellen in der AfD, ihr Protest sei nicht in Ordnung.
Ich selbst bin weder schwul noch AfD-Mitglied noch AfD-Wähler. Ich habe mit dieser Auseinandersetzung eigentlich nichts zu tun. Mich stört sie aber dennoch. Die Willkür, die hier in Erscheinung tritt, stimmt mich nachdenklich.
Das Lesbisch-schwule Stadtfest segelt unter der Fahne der Toleranz. Man kämpfe gegen Vorurteile, sagen die Teilnehmer.
Unter dieser Fahne müssen eigentlich alle mitsegeln dürfen, wenn sie nicht gewalttätig oder gemeingefährlich sind.
Aber weit gefehlt: Menschen werden ausgeschlossen, nur weil sie einer bestimmten Partei angehören. Das ist nicht tolerant.
Quelle: http://www.bz-berlin.de/berlin/kolumne/warum-duerfen-schwule-afd-politiker-nicht-zum-schwulen-stadtfest-kommen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen