Die Inquisition ist zurück; Schauprozesse überall. Mit totalitären Methoden versuchen die Etablierten, ihre Weltsicht, ihre Machtansprüche durchzusetzen. In Deutschland bekommt dies gegenwärtig Alexander Gauland zu spüren, der 75-jährige stellvertretende Chef der Merkel-kritischen Erfolgspartei Alternative für Deutschland. Die Journalisten haben ihn schon lange im Fadenkreuz. Sie lauern, ja sie lechzen geradezu danach, den hochgebildeten früheren Staatssekretär und Buchautor politisch abzuschiessen. Dass ausgerechnet die von mir geschätzte Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung den jüngsten Anschlag verübte, zeigt auf deprimierende Weise das Ausmass einer politischen Aufregung, die den Bezug zur Wirklichkeit verloren hat.
Was ist passiert? Gauland führte mit der Frankfurter Sonntagszeitung ein in Teilen vertrauliches Hintergrundgespräch. Es ging unter anderem um die Themen Zuwanderung und Islam. Im Verlauf dieses Gesprächs soll Gauland gesagt haben, der dunkelhäutige deutsche Fussball-Nationalspieler Jérôme Boateng sei zwar ein guter Fussballer, aber es gebe in Deutschland Leute, die ihn nicht zum Nachbarn haben wollten. Die als seriös eingestufte Zeitung machte aus dem angeblichen Gauland-Zitat auf der Frontseite den Titel: «Gauland beleidigt Boateng». Orkanartig schoss die Empörung hoch. Gauland sei ein Rassist. Kanzlerin Merkel schaltete sich ein und nannte den AfD-Mann «niederträchtig». Emsig schichteten die Inquisitoren den Scheiterhaufen, um den rechten Ketzer zu verbrennen.
Gauland wurde vom Druck überrollt. Anstatt entschlossen dagegenzuhalten, eierte er herum. Seine ersten Reaktionen wirkten defensiv. Sogar Parteichefin Petry fiel ihrem Stellvertreter-Rivalen in den Rücken. Die Öffentlichkeit ist wie die Wildnis: Wenn das angeschossene Tier zurückweicht, greifen die Aasfresser an.
Zu Unrecht: Nicht seine angeblichen Aussagen, sondern die journalistischen Methoden sind hier der Skandal. Gauland wurde reingelegt. Die Journalisten missbrauchten sein Vertrauen. Sie zitierten aus einem vertraulichen Hintergrundgespräch. Sie legten ihm die angeblichen Zitate nicht zur Autorisierung vor. Sie konfrontierten den Ahnungslosen nicht einmal mit den von ihm angeblich geäusserten Sachverhalten. Genau dies aber wäre ihre Pflicht gewesen: Wenn ein prominenter Politiker in einem brisanten Bereich womöglich anstössige Aussagen tätigt, muss man nachfragen, zurückfragen und abklären. Das ist Qualitätsjournalismus, wie ihn die FAZ in Anspruch nimmt. Alles andere ist Kolportage oder eben: Inquisition.
Das Wesen der Inquisition besteht darin, dass sie nicht herausfinden will, wie es wirklich gewesen ist. Die Inquisition will denunzieren, verurteilen, vernichten. Das war auch hier das Drehbuch. Nach dem ersten Sturm kämpfte sich Gauland zurück. Er habe die entsprechenden Aussagen so nie gemacht. Die Journalisten erwiderten, sie hätten aber die Zitate «aufgezeichnet». Als man genauer hinschaute, gaben sie kleinlaut zu, dass es keine elektronischen oder Tonbandaufzeichnungen gibt, sondern lediglich das handschriftliche Gekritzel in ihren Notizbüchern.
Hat Gauland nun kurz vor der EM einen dunkelhäutigen deutschen Nationalspieler beleidigt? Unsinn. Das wäre nicht einmal dann der Fall, wenn die ihm unterstellten Zitate stimmten. Gauland soll gesagt haben, dass es in Deutschland Leute gebe, die nicht einen Schwarzen zum Nachbarn haben wollen. Ein solcher Satz wäre kein Aufruf zum Hass, sondern lediglich eine Feststellung, und vermutlich sogar eine, die stimmt. Es gibt in Deutschland, aber auch in Frankreich, in den USA oder in der Schweiz bestimmt Leute, die nicht neben Schwarzen wohnen wollen. Das auszusprechen, ist kein Indiz für eine kriminelle Gesinnung. Es sei denn, man hat es darauf angelegt, dem Absender eine solche anzudichten.
Nur eben: Gauland hat es so nie gesagt. Der stellvertretende AfD-Sprecher bestätigte mir gegenüber am Telefon, dass er von sich aus nie von Boateng gesprochen habe, sondern dass ihm dieser Name von den Journalisten hinterlistig in den Mund gelegt worden sei. Er habe den betreffenden Fussballer nicht gekannt, ihn dann aber, als der Name von den Journalisten irreführend platziert worden war, in seine Ausführungen eingeflochten. Ein Fehler, sagt er selber. Das sinnentstellte Zitat, wäre es ihm gezeigt worden, hätte er nie autorisiert.
Ich war am Gespräch nicht dabei, aber ich habe keinen Grund, an Gaulands Aussagen zu zweifeln. Die journalistischen Gaunermethoden sprechen für sich. Ausserdem kenne ich Gauland persönlich. Ich habe in Deutschland mit ihm zusammengearbeitet. Er ist weder Rassist noch Extremist. In der Schweiz könnte er problemlos der FDP oder der SVP beitreten. Wir waren nicht in allem einer Meinung, manche seiner heutigen Positionen teile ich vermutlich nicht, aber ich bewundere ihn dafür, wie er sich von seinen Gegnern mit Dreck bewerfen lässt und trotz fortgeschrittenem Alter unbeirrbar weitermacht, um sich für eine vernünftigere Politik in Deutschland zu engagieren.
Der Fall zeigt: Deutschland ist eine noch junge Demokratie. Andersdenkende haben es schwer. Die belastete Geschichte des Landes wird von oben missbraucht, um missliebige Stimmen auszugrenzen. Als der Bestsellerautor Thilo Sarrazin Kritik an Merkels Migrationspolitik äusserte, erklärten ihn die Kanzlerin und der Bundespräsident flugs zur Unperson. Jetzt will die Gesinnungsmafia Gaulands AfD erledigen. Die Eliten fühlen sich bedroht, und die Angst schlägt bereits in aggressive Panik um.
Und die Schweiz? Das EU-skeptische Land im Herzen Europas muss sich auf giftige Angriffe gefasst machen. Doch hinter der Arroganz der Eliten steckt Schwäche. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen.
Quelle: http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2016-22/artikel/gesinnungs-mafia--die-weltwoche-ausgabe-222016.html
Was ist passiert? Gauland führte mit der Frankfurter Sonntagszeitung ein in Teilen vertrauliches Hintergrundgespräch. Es ging unter anderem um die Themen Zuwanderung und Islam. Im Verlauf dieses Gesprächs soll Gauland gesagt haben, der dunkelhäutige deutsche Fussball-Nationalspieler Jérôme Boateng sei zwar ein guter Fussballer, aber es gebe in Deutschland Leute, die ihn nicht zum Nachbarn haben wollten. Die als seriös eingestufte Zeitung machte aus dem angeblichen Gauland-Zitat auf der Frontseite den Titel: «Gauland beleidigt Boateng». Orkanartig schoss die Empörung hoch. Gauland sei ein Rassist. Kanzlerin Merkel schaltete sich ein und nannte den AfD-Mann «niederträchtig». Emsig schichteten die Inquisitoren den Scheiterhaufen, um den rechten Ketzer zu verbrennen.
Jan Hus auf dem Scheiterhaufen, Spiezer Chronik (1485) |
Gauland wurde vom Druck überrollt. Anstatt entschlossen dagegenzuhalten, eierte er herum. Seine ersten Reaktionen wirkten defensiv. Sogar Parteichefin Petry fiel ihrem Stellvertreter-Rivalen in den Rücken. Die Öffentlichkeit ist wie die Wildnis: Wenn das angeschossene Tier zurückweicht, greifen die Aasfresser an.
Zu Unrecht: Nicht seine angeblichen Aussagen, sondern die journalistischen Methoden sind hier der Skandal. Gauland wurde reingelegt. Die Journalisten missbrauchten sein Vertrauen. Sie zitierten aus einem vertraulichen Hintergrundgespräch. Sie legten ihm die angeblichen Zitate nicht zur Autorisierung vor. Sie konfrontierten den Ahnungslosen nicht einmal mit den von ihm angeblich geäusserten Sachverhalten. Genau dies aber wäre ihre Pflicht gewesen: Wenn ein prominenter Politiker in einem brisanten Bereich womöglich anstössige Aussagen tätigt, muss man nachfragen, zurückfragen und abklären. Das ist Qualitätsjournalismus, wie ihn die FAZ in Anspruch nimmt. Alles andere ist Kolportage oder eben: Inquisition.
Das Wesen der Inquisition besteht darin, dass sie nicht herausfinden will, wie es wirklich gewesen ist. Die Inquisition will denunzieren, verurteilen, vernichten. Das war auch hier das Drehbuch. Nach dem ersten Sturm kämpfte sich Gauland zurück. Er habe die entsprechenden Aussagen so nie gemacht. Die Journalisten erwiderten, sie hätten aber die Zitate «aufgezeichnet». Als man genauer hinschaute, gaben sie kleinlaut zu, dass es keine elektronischen oder Tonbandaufzeichnungen gibt, sondern lediglich das handschriftliche Gekritzel in ihren Notizbüchern.
Hat Gauland nun kurz vor der EM einen dunkelhäutigen deutschen Nationalspieler beleidigt? Unsinn. Das wäre nicht einmal dann der Fall, wenn die ihm unterstellten Zitate stimmten. Gauland soll gesagt haben, dass es in Deutschland Leute gebe, die nicht einen Schwarzen zum Nachbarn haben wollen. Ein solcher Satz wäre kein Aufruf zum Hass, sondern lediglich eine Feststellung, und vermutlich sogar eine, die stimmt. Es gibt in Deutschland, aber auch in Frankreich, in den USA oder in der Schweiz bestimmt Leute, die nicht neben Schwarzen wohnen wollen. Das auszusprechen, ist kein Indiz für eine kriminelle Gesinnung. Es sei denn, man hat es darauf angelegt, dem Absender eine solche anzudichten.
Nur eben: Gauland hat es so nie gesagt. Der stellvertretende AfD-Sprecher bestätigte mir gegenüber am Telefon, dass er von sich aus nie von Boateng gesprochen habe, sondern dass ihm dieser Name von den Journalisten hinterlistig in den Mund gelegt worden sei. Er habe den betreffenden Fussballer nicht gekannt, ihn dann aber, als der Name von den Journalisten irreführend platziert worden war, in seine Ausführungen eingeflochten. Ein Fehler, sagt er selber. Das sinnentstellte Zitat, wäre es ihm gezeigt worden, hätte er nie autorisiert.
Ich war am Gespräch nicht dabei, aber ich habe keinen Grund, an Gaulands Aussagen zu zweifeln. Die journalistischen Gaunermethoden sprechen für sich. Ausserdem kenne ich Gauland persönlich. Ich habe in Deutschland mit ihm zusammengearbeitet. Er ist weder Rassist noch Extremist. In der Schweiz könnte er problemlos der FDP oder der SVP beitreten. Wir waren nicht in allem einer Meinung, manche seiner heutigen Positionen teile ich vermutlich nicht, aber ich bewundere ihn dafür, wie er sich von seinen Gegnern mit Dreck bewerfen lässt und trotz fortgeschrittenem Alter unbeirrbar weitermacht, um sich für eine vernünftigere Politik in Deutschland zu engagieren.
Der Fall zeigt: Deutschland ist eine noch junge Demokratie. Andersdenkende haben es schwer. Die belastete Geschichte des Landes wird von oben missbraucht, um missliebige Stimmen auszugrenzen. Als der Bestsellerautor Thilo Sarrazin Kritik an Merkels Migrationspolitik äusserte, erklärten ihn die Kanzlerin und der Bundespräsident flugs zur Unperson. Jetzt will die Gesinnungsmafia Gaulands AfD erledigen. Die Eliten fühlen sich bedroht, und die Angst schlägt bereits in aggressive Panik um.
Und die Schweiz? Das EU-skeptische Land im Herzen Europas muss sich auf giftige Angriffe gefasst machen. Doch hinter der Arroganz der Eliten steckt Schwäche. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen.
Quelle: http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2016-22/artikel/gesinnungs-mafia--die-weltwoche-ausgabe-222016.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen