Samstag, 24. Oktober 2015

Abenteuerreisen mit dem rbb

Wenn ich früher irgendetwas über Flucht und Flüchtlinge hörte oder las, so verband sich solches bei mir immer mit der Vorstellung eines geheimnisvollen Tuns, mit Angst und insbesondere mit der Furcht des Entdecktwerdens. Flucht war etwas, von dem man nicht einmal dem besten Freund etwas erzählte. Zumindest nicht, bevor der Erfolg eingetreten war.
Flüchtlinge vor Lampedusa. Foto: Defense Visual Information Center | Wikimedia | Public Domain
Auf diejenigen, die z.B. die DDR bei Nacht und Nebel über die grüne Grenze oder mit gefälschten Pässen auf anderen Wegen verlassen wollten, traf das wohl ausnahmslos zu. Doch die Zeiten haben sich offenbar geändert und die heutigen Bedingungen von Flucht und die Vorstellungen über eine solche korrelieren nicht mehr mit meinen Erfahrungen.

Nicht ganz unschuldig daran ist der öffentlich-rechtliche Sender rbb, der uns am 16.10.2015 in der Abendschau vorführte, wie eine Flucht heutzutage verläuft. Den Beitrag hätte man mit “Hallo, wir flüchten jetzt“ oder „Ihr könnt kommen, wir wollen jetzt flüchten“ überschreiben können.

Sascha Hengst, Moderator der Sendung, stellte uns die junge Journalistin Viktoria Kleber vor, die mit einem rbb-Team die syrische Familie SULAYMAN, aus Akka kommend, auf ihrer Flucht nach Deutschland begleitet hatte. Ganze drei Wochen verbrachten die rbb-Mitarbeiter an der Seite derselben und hatten auf der beschwerlichen Flucht lediglich eine Passage mit dem Boot ausgelassen, weil sie den Journalisten doch persönlich zu gefährlich erschien, was durchaus verständlich erscheint. Niemand möchte für einige Silberlinge sein eigenes Leben riskieren. Soweit können Mitgefühl und beruflicher Ehrgeiz nun doch nicht gehen.

Wichtig erscheint es in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass man bereits drei Monate vor der Flucht, Kontakt zur Familie aufgenommen hatte und dann nur auf das Signal wartete, dass es „losgehen“ würde. Das kam per Whats App aus Istanbul. Nun endlich begann man, unter ständiger Obhut des rbb-Fernsehteams, quer durch Europa zu flüchten. Auf die besorgte Frage von Moderator Sascha Hengst, „ob das denn auch gefährlich und beschwerlich gewesen sei, bzw. ob die Flüchtenden denn auch mal so was wie Angst verspürten“, antwortete Viktoria Kleber: „Doch, das gab es schon. Wenn kleine Kinder schrieen und es nichts zu trinken gab….“

Letztlich kam die Familie gut in Deutschland an und will sich in Hamburg eine neue Existenz aufbauen. Das männliche Oberhaupt der Familie hatte in Akku begonnen, Jura zu studieren und ist bereit, in Deutschland jede Arbeit anzunehmen, wenn das Studium nicht fortgesetzt werden kann. Soweit so gelungen. Ich wünsche der Familie alles Gute in Deutschland. Abstrichslos.

Was mich an der Sache emotional tief bewegt, ist die Tatsache, wie pervertiert der Öffentliche-Rechtliche Rundfunk in Deutschland bereits ist, wenn er uns eine inszenierte Flucht als Ausdruck oder Beispiel der objektiven Realität verkaufen will. Wie mag man sich eine solche Flucht in der Praxis vorstellen? Wo befindet sich das rbb-Team, wenn die Nacht hereinbricht und keine Unterkunft zur Verfügung steht? Lässt man die Familie dann auf der Straße oder im Wald zurück und zieht selbst in ein Hotel? Wie verhält man sich, wenn die Kinder schreien und es nichts zu essen und zu trinken gibt?

Hungert und durstet das Team aus szenarischen Gründen dann mit oder holt man die eigenen Stullenbüchsen und Wasserflaschen aus dem Kofferraum? Was hat eine solche Flucht mit einer akuten Angst zu tun, die den Protagonisten quasi im Genick sitzt, die sie antreibt, sofort und bei Nacht und Nebel, die Seiten zu wechseln?

Diese Flüchtlingswelle überfordert offenbar nicht nur unsere Politiker und zunehmend die durchaus wohlmeinende Bevölkerung dieses Landes. Sie treibt auch unglaubliche Blüten in den Hirnen steuerfinanzierter Fernsehanstalten.

Ein Wortwechsel aus der intellektuell wenig inspirierenden ABENDSCHAU ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es ist die Frage des Moderators an Viktoria Kleber: “Man hört immer viel über unsere Werte und so. War das denn mal ein Thema auf der Flucht ?“.

Die Antwort lautete: „Nö“.

Man möchte hoffen, das dieses „Nö“ mangelnder Zeit und Gelegenheit, nicht aber dem flachen Horizont von Viktoria Kleber und Sascha Hengst geschuldet war.

Peter Bereit, 61, diente bis vor Kurzem als Kriminalhauptkommissar bei der Berliner Polizei

Quelle: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/abenteuerreisen_mit_dem_rbb

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