Samstag, 5. September 2015

Ein wunderbarer Neger - Ein bisschen Spaß muss sein

Roberto Blanco ist gern wunderbar

Wir erwischen Roberto Blanco am Telefon im Auto - als Beifahrer. Über den jüngsten Aufreger wollen wir mit ihm sprechen, natürlich, und wissen, was er denn davon hält, vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann als "wunderbarer Neger" tituliert zu werden. Blanco, der seit 1956 in Deutschland lebt, ist ein Unterhaltungskünstler afrokubanischer Abstammung. Und ja, seine Hautfarbe spielt eine wichtige Rolle in seinem Leben - aber keine negative, wie manch einer heute vielleicht denken möchte. Wir haben mit ihm über die unglückliche Formulierung "Roberto Blanco ist ein wunderbarer Neger“ des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann während der Talksendung "Hart aber fair" vom Montagabend gesprochen - und feststellen können, dass alle anderen das viel schlimmer finden als der Betroffene selbst.

n-tv.de: Nehmen Sie Herrn Herrmann seine Äußerung übel oder stehen Sie da drüber?
Roberto Blanco: Nein, ganz entschieden nein. Ich nehme ihm das nicht übel. Sie müssen sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Er hat gesagt, ich wäre ein (und jetzt betont Blanco vor allem das Adjektiv) ganz w-u-n-d-e-r-b-a-r-e-r Neger. Wissen Sie, das Wort Neger existiert schon sehr lange, und heute ist es natürlich angebrachter, von einem Farbigen zu sprechen, das ist sicher richtig. Klingt besser. Aber es kommt immer noch drauf an, wie man das Wort "Neger" benutzt. Der Ton macht die Musik …

Gehen demnächst auch wieder ein Bier miteinander trinken: Die Herren Blanco und Herrmann

Wer wüsste das besser als Sie?

Ja, und der Herrmann hat das nicht böse gemeint. Das muss man auch im Zusammenhang dieser Sendung sehen, da ging es um Einwanderer, die es geschafft haben, sich zu integrieren, und der Innenminister hat das gut gemeint, als er mein Beispiel erwähnt hat. Sie sind doch auch eine wunderbare weiße Frau, oder, hören Sie das nicht gerne?

Schon, aber darum geht es ja nicht. Es geht um die doch eher beleidigende Formulierung, die einfach nicht zeitgemäß ist. Und darum, das vor laufender Kamera zu sagen.

Ja, gut, er hätte sagen können, "ein wunderbarer Farbiger", dann gäbe es jetzt nicht so viel Wirbel (lacht).
Sie verbuchen das also unter "kann passieren, das rutscht einem mal raus"?

Ja, aber natürlich, da muss man doch nicht so böse sein! Und ich steh' sowieso über solchen Dingen.
Wie gingen Sie denn aber damit um, wenn jemand anderes als Herr Herrmann so etwas sagen würde - jemand, der nicht bekannt ist?

Was denken Sie denn eigentlich? Mich nennt sonst keiner so. Glauben Sie, dass täglich jemand "Ey, du Neger" zu mir sagt, sobald ich das Haus verlasse? Sie sprechen hier mit einem Herrn, der schon 60 Jahre im Show-Business ist ….

… das aber schützt einen ja nicht unbedingt vor der Dummheit anderer …

… nein, aber mich spricht niemand sonst so an! Ich bekomme Respekt!

Als Sie in den 50er Jahren nach Deutschland gekommen sind, sind Ihnen auch keine Fremdenfeindlichkeit oder despektierliche Äußerungen begegnet?

Im Gegenteil! Da haben die Leute sich noch für Hitler entschuldigt. Als ich damals meine erste Fernsehsendung bekommen und mit (Peter) Frankenfeld oder (Hans-Joachim) Kulenkampff zusammengearbeitet habe, da hat mir meine Farbe sehr geholfen! Ich hatte Publicity, von der andere nur geträumt haben. Ich war oft der einzige, der am nächsten Tag wiedererkannt wurde. Sogar Vico Torriani hat gesagt: "Ich glaub', ich hab' die falsche Farbe, Roberto" (lacht).

Also bloß nicht aufregen und immer schön locker bleiben?

(lacht) Also bitte, ich rege mich doch überhaupt nicht auf. Ihr regt euch auf. Ihr, die Medien, Ihr macht daraus so ein Theater.

Ich kann auch schreiben: Herr Blanco ist total entspannt und versteht die ganze Aufregung nicht.

Ich bitte darum!

Im Kontext der momentan um sich greifenden Fremdenfeindlichkeit ist das aber doch vielleicht nicht ganz so spaßig zu betrachten, finden Sie nicht?

Da geht es um Flüchtlinge, das ist doch ein ganz anderes Thema. Die sind auch nicht farbig, sondern werden aus ihrem Land vertrieben durch Krieg. Richtig?

Richtig. Farbige sind aber sicher auch dabei. Sie wollen nur nicht, dass das alles in einen Topf geworfen wird, verstehe ich das richtig?

Ja. Nach dem Kriegsende vor 70 Jahren hat man den Deutschen ja auch geholfen. Richtig?

Schon ...

Wir sind Menschen - und Menschen müssen Menschen helfen.

Keine Einwände. Kommen wir auf Herrn Herrmann zurück. Hat er sich bei Ihnen entschuldigt?

Also, wir haben im Radio miteinander gesprochen, und wenn es nicht ein wirklich guter Imitator war, dann war er es tatsächlich und er hat sich bei mir entschuldigt. Wenn wir uns das nächste Mal treffen, dann geb' ich ihm die Hand und die Sache ist für mich erledigt.

Und dann gehen Sie ein Bier trinken?

Pffh, ein Bier oder Whisky oder was auch immer.

Wenn Sie also sonst wegen Ihrer Hautfarbe nie doof angemacht wurden, was ist mit Ihren Töchtern?

Nein, ich bin hier in einem zivilisierten Deutschland. Hier sind nicht alle Nazis, noch nie, das habe ich noch nie gedacht oder so empfunden. Ich habe nie Probleme gehabt, im Gegenteil. Meine Kinder auch nicht. Ich bin seit 60 Jahren im Show-Business und meine Fans stehen an meiner Seite.

Sie haben ja nicht nur Fans ...

Ja, aber dass immer noch ein paar Leute Nazis sind, das liegt nicht nur an Deutschland, die gibt es auch in Frankreich und in England und überall auf der Welt. Oder?

Ja, aber diese Tatsache ist überall gleich schrecklich.

Aber gucken Sie doch mal, wie viele Leute jetzt auch hilfsbereit sind und den Flüchtlingen helfen. Darüber müsst ihr schreiben!

Das tun wir, keine Sorge. Aber würden Sie sich nicht auch darüber wundern, wenn man über die Aussage von Herrn Herrmann jetzt ganz nonchalant hinweggegangen wäre und niemand sich aufregen würde?

Also, ich weiß nicht, was erwarten Sie denn von mir? Ich wäre natürlich froh, wenn es keinen Rassismus mehr geben würde. Aber ein so kleiner Ausrutscher, meine Güte.

Das Motto "Ein bisschen Spaß muss sein" zieht sich also weiterhin durch Ihr Leben?

Na Moment, das muss man natürlich schon seriös behandeln. Aber um es auf den Punkt zu bringen: Es ist nicht so schlimm, wie manche Leute das haben wollen. Also, wir machen daraus jetzt kein Theater, einverstanden?

Einverstanden!

Mit Roberto Blanco sprach Sabine Oelmann

Quelle: n-tv.de

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