Sonntag, 20. September 2015

Werden Verbrechen verheimlicht?

Das wahre Ausmaß der Kriminalität in NRW soll endlich ehrlich benannt werden, fordern Polizei und Opposition

Zu den Opfern zählte auch ein dreijähriges Mädchen. Im Aachener Raum erschütterten jüngst vier Vergewaltigungsfälle die Öffentlichkeit. Verstärkt wurde das Entsetzen, als bekannt wurde, die Vergewaltiger seien vorbestrafte Wiederholungstäter – die eng kontrolliert würden. Im Rahmen des sogenannten "KURS"-Programms seien sie von Kommune, Polizei und Justiz besonders gründlich beaufsichtigt worden. Angeblich. Eine Lokalzeitung fragte daraufhin beim Landeskriminalamt (LKA), wie hoch denn die Rückfallquote bei derart "gut kontrollierten" Sexualtätern liege. Doch das LKA verweigerte die Auskunft. Um die Persönlichkeitsrechte rückfallgefährdeter Täter zu schützen, wolle man dies der Bevölkerung nicht mitteilen.

Sogleich wurde das Ministerium von Medienanfragen geflutet, die Opposition blies zur Attacke. Und eine Polizeigewerkschaft begann, die Zahl auf eigene Faust zu recherchieren. Der Innenminister verbot seiner Polizei zwar, der Gewerkschaft Auskunft zu geben. Die kam trotzdem an das Ergebnis. Schließlich gab die Regierung nach und lüftete das Geheimnis: Rund zwei Prozent der KURS-Teilnehmer werden rückfällig. Die Aufregung hätte sich also legen können.

Doch seit diesem Bekenntnis dieser Heimlichtuerei macht eine besorgte Frage die Runde: "Was wissen die Bürger über die wahren Ausmaße der kriminellen Bedrohung?", so CDU-Rechts- und Innenpolitiker Peter Biesenbach. Die Antwort: Viel weniger, als sie glauben. Und viel weniger als möglich. Seit Jahren wird das etwa bei den periodisch wiederkehrenden Diskussionen über das Ausmaß deutschenfeindlicher oder islamfeindlicher Straftaten deutlich. Diese Debatten bewegen sich stets im luftleeren Raum, weil niemand untersucht, ob oder inwieweit es derart motivierte Kriminalität gibt. Zwar könnte das Land darauf drängen, die routinemäßige Erfassung von Straftaten durch die Polizei um diese Kriterien zu erweitern. Doch im Innenministerium scheut man solchen Erkenntniszugewinn. Er gilt als zu heikel.

Ähnlich steht es um die alte Streitfrage, ob der Zuwanderungshintergrund von Straftätern erfasst werden soll. Nachdem aus Berlin bekannt geworden war, dass dort 81 Prozent der jungen Intensivtäter Zuwanderungsgeschichte besitzen (fast ausnahmslos türkische oder arabische), forderten CDU und Polizeiverbände, auch in NRW die Zuwanderungsgeschichte zu erfassen, weil man Probleme nur lösen könne, wenn man ihr Ausmaß kenne. Auch dies lehnte Rot-Grün ab. Übrigens aus einem noblen Motiv: Den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte könnte daraus allzu pauschal ein Strick gedreht werden. Wo man in diesem Streit auch stehen mag – Fakt ist: Über gruppenfeindliche Kriminalität und potenziell gewaltaffine Milieus wissen wir weniger als möglich.

Gravierende Wissensmängel existieren auch bei den Ausmaßen der kriminellen Bedrohung in NRW. Darin sind sich Erich Rettinghaus und Wilfried Albishausen, die Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) und des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (DBK), einig. Den Grund dafür verorten sie in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Genauer: in deren Art, Straftaten und Tatverdächtige zu erfassen. Denn allen Polizeiverbänden zufolge rechnet die PKS die Zahl der Straftaten teils drastisch herunter. So zählt sie aus dem Ausland begangene Straftaten gar nicht mit, obwohl zum Beispiel in der Internetkriminalität ein Großteil der Betrügereien und der Spionage aus dem Ausland unternommen wird, wie der Branchenverband Bitkom bestätigt. Zudem folgt die PKS der Devise "ein Täter ist ein Fall" – gleich, ob er Tausende Menschen geschädigt hat oder einen. Und so ergibt ein Internetkrimineller, der sich Tausende Online-Identitäten klaut und damit Tausende Internetnutzer um ihr Geld bringt, nur einen Fall in der Statistik. Auch wer bei Ebay fünftausendfachen Betrug begeht, wird als ein Fall geführt. Im Online-Bereich darf man die Zahl der Taten also allemal mit Tausend multiplizieren, um zu ahnen, wie oft tatsächlich Recht gebrochen wird.

Der grundlegendste Mangel der PKS liegt laut Verbänden und Innenpolitikern jedoch darin, dass sie nur das "Hellfeld" abbildet, also nur Straftaten zählt, die der Polizei in gut dokumentierter Form bekannt sind. Deshalb fordern Kriminologen und CDU-Opposition, die PKS um eine "Dunkelfeldanalyse" zu ergänzen. Damit gemeint: Durch Opfer- und Täterbefragung müsse man abschätzen, wie viele zusätzliche Straftaten begangen, aber nicht erfasst wurden. Dass der Unterschied zwischen registrierten und tatsächlich begangenen Verbrechen gewaltig ist, legt die Forschung nahe.

Eindeutig ist etwa die Studie des Kriminologen Karlhans Liebl von der sächsischen Polizeihochschule. Er befragte repräsentative Bevölkerungsgruppen im Land, um zu ermitteln, wie viel Prozent der Sachsen Opfer von Straftaten geworden seien. Das Resultat verglich er mit den Zahlen der sächsischen PKS. Ergebnis: Die offizielle Statistik spiegelt nur einen winzigen Bruchteil der Kriminalität wider. Im Auftrag der DPolG wurden die Ergebnisse auf NRW umgerechnet. Demnach werden hierzulande 71 Mal mehr schwere Körperverletzungen begangen als offiziell bekannt. Bei den leichten Körperverletzungen gibt es gar 89 Mal mehr Übergriffe als gemeldet.

Wie es zu dieser Diskrepanz kommt, erklärt die Liebl-Studie ebenfalls. Meist verzichten Opfer auf eine Anzeige, weil die Angst vor dem bekannten Täter zu groß, die Hoffnung auf einen Nutzen der Anzeige zu klein oder die Scham angesichts der Tatumstände zu ausgeprägt ist. Das veranschaulicht auch die Online-Kriminalität, deren reale Ausmaße die PKS scheinbar ad absurdum führen. So machen über 50 Prozent aller deutschen Internetnutzer pro Jahr böse Erfahrungen mit Netzkriminalität, wie eine Untersuchung des Branchenverbands Bitkom ergab. Auf NRW übertragen wären das rund sieben Millionen Menschen.

In der PKS für NRW werden aber nur rund 50.000 Straftaten gemeldet, die mithilfe des Internets begangen wurden. Mehr Anzeigen gab es nicht. Laut Bitkom gibt es für den mangelnden Anzeigewillen einsichtige Ursachen. Wer etwa eine Schmuddelseite besuchte und anschließend horrend zur Kasse gebeten wird, schämt sich oft. Auch Unternehmen fürchten häufig Imageschäden, falls bekannt wird, dass sie ausspioniert wurden. Außerdem bemerken viele Nutzer nicht, dass ihnen beispielsweise monatlich 20 Euro vom Konto abgezogen werden. Einen weiteren Grund für das Missverhältnis zwischen Statistik und Ergebnissen der Dunkelfeldforschung führt die Drogenkriminalität vor Augen. Laut Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (von 2004) hat die Hälfte aller 12- bis 25-Jährigen schon Drogen angeboten bekommen, ein Drittel hat welche konsumiert. Drogenhandel ist hierzulande also eine Größe.

In der NRW-PKS 2011 taucht der Begriff Drogenhandel dagegen gar nicht auf. Der Grund: Drogenhandel ist ähnlich wie die Geldwäsche eine "opferlose Kriminalität". Wo eine Straftat aber keine unmittelbaren Opfer produziert, wird kaum angezeigt. Das heißt: Wer das Ausmaß dieser Kriminalität einschätzen will, muss ermitteln. Wird nicht ermittelt, bleibt die Kriminalitätsrate niedrig.

Genau deshalb ist die PKS eine so regierungsfreundliche Statistik. Sie bestätigt die Politik: Gründet der Innenminister Sonderkommissionen gegen Rocker, werden auch mehr Straftaten in diesem Milieu aufgedeckt – die das Regierungshandeln zu bestätigen scheinen. Und umgekehrt: Reduzieren Minister oder Behördenleiter Ermittlungen in anderen Bereichen (mit Vorliebe der "opferlosen Kriminalität"), werden von dort weniger Straftaten bekannt – und niemand kann dies als Fehlentscheidung decouvrieren. Der BDK-Vorsitzende Albishausen kommt daher zu einem herben Fazit: "Dass die Bevölkerung manipuliert wird, ändert sich vielleicht nie. Aber wenigstens sollte sie darum wissen".

Quelle: Welt.de

6 Kommentare:

  1. Pssst, nichts verraten, nicht dass die Traumblase der LinksrotgrünInnen noch zerplatzt. Darf ich so frech sein und mich über jeden der diese Zustände mit seinem Kreuzchen bei der Wahl herbeigeführt hat zu freuen? Manche lernen eben nur durch Schmerz.

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  2. Gut 80% der Intensivtäter in Berlin besitzen also eine türkische oder arabische Migrationsgeschichte und es wird, das wage ich zu behaupten, in anderen Ballungsräumen nicht viel anderes aussehen (warum sonst auch die rotgründe Panikreaktion?). Solche Fakten sollte man aber, wie wir lesen, möglichst nicht - und schon gar nicht in NRW - klar benennen, da sonst „Menschen mit Zuwanderungsgeschichte (…) allzu pauschal (daraus) ein Strick gedreht“ werden könnte.

    Nun, wäre ich ein Einwohner/Deutscher mit italienischer, polnischer, peruanischer, amerikanischer, griechischer, französischer, holländischer, afrikanischer, vietnamesischer (oder wo auch sonst die Mesnchen noch herkommen) „Zuwanderungsgeschichte“, wie man neudeutsch so schön sagt, würde ich mich schön bedanken, mit diesen 80 % Intensivtätern "pauschal" (haha) in einen Topf gerührt zu werden. Der Autor allerdings das pauschale Verrühren zur Unkenntlichmachung „nobel“.

    Nun, vielleicht muss man heutzutage als Redakteur einfach einige solcher politisch-korrekten Litaneien in seine Texte einfügen, um überhaupt noch mit schwierigen Themen bei der Konferenz durchkommen zu können - denn, das will ich nicht vergessen zu erwähnen: immerhin hat er über das Thema einen – abgesehen eben von diesen Disclaimern - lesenwerten Text über ein Thema geschrieben (und auch noch: veröffentlicht ;-), über das ansonsten in unseren ach so vielfältigen Medien ja eher ungern berichtet wird. Und schon gar nicht: ungeschminkt und sachlich. Dafür also vielen Dank!

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  3. Und als Deutscher hat man anscheinend kein Recht mehr das diese kriminellen Subjekte aus diesem Land entfernt werden, oder muß man sich weiterhin "zwangsbereichern" lassen, den Mund halten und diese brav indirekt mit seinen Steuergeldern alimentieren, weil alles andere "diskriminierend" wäre?

    Was ist das für eine Regierung die sich lieber um das Wohl von "Migranten" (wobei auch hier die speziellen Grüppchen mit bestimmtem religiösem HIntergrund gemeint sind) sorgt, als um das Wohl des eigenen Volkes?

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  4. Laut Rot-Grün von NRW ist es ein "nobles Motiv" den Migrationshintergrund zu verheimlichen? Naja, die Begründung klingt ja ganz plausibel: dem Rassismus soll keine Chance gegeben werden. Die Frage ist nur, wie die diese Leute darauf kommen? Wird hier der Mehrheitsbevölkerung etwa rassistische Tendenzen unterstellt?
    Ist für mich schon sehr ironisch: im Kampf gegen Rassismus sind die Akteure offenbar selbst zutiefst rassistisch - es kommt ihnen halt nur darauf an zu welchen Gunsten der Rassismus aufällt, das macht ihn aber auch nicht besser.

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  5. Rote und Grüne haben Blut an ihren Händen. Sie schützen diese Verbrecher aus politischen und weltanschaulichen Motiven heraus. Opfer ist der gesetzestreue Bürger.

    Die Roten haben nicht umsonst diese Farbe.
    Und die Grünen sind eine "Melonen"-Partei:
    Außen grün, innen rot mit braunen Kernen.

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  6. Also ich weiß ja nicht .... aber bei einem Intensivtäteranteil von 80% ist der Strick doch schon selber gedreht. Gemessen am Anteil der Gesamtbevölkerung kommt da ein erschreckendes Ergebnis raus.
    Da braucht es nun wirklich kein Vorurteil mehr.

    "Demnach werden hierzulande 71 Mal mehr schwere Körperverletzungen
    begangen als offiziell bekannt. Bei den leichten Körperverletzungen gibt
    es gar 89 Mal mehr Übergriffe als gemeldet."

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