Wer wird hier eigentlich beleidigt? Ein Mann sagt über das Verhältnis vieler Deutscher zum deutschen Nationalspieler Jérôme Boateng diesen Satz: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben". Hätte das jetzt beispielsweise Richard David Precht oder Heiko Maas mit angemessen anklagendem Ton geäußert, gäbe es ein allgemein zustimmendes Nicken im deutschen Medien-Soziotop, schließlich bestätigt diese Aussage nur, dass Rassismus in Deutschland immer noch weit verbreitet und alltäglich ist. Man könnte die Forderung nach mehr Förderung für antirassistische Initiativen anhängen oder ähnliches. Aber wäre jemand beleidigt? Wenn ja, wer? Allenfalls doch der weiße deutsche Durchschnittsbürger, der sich als Rassist abgestempelt sieht, weil er sich keinen schwarzen Nachbarn wünscht, könnte sich auf den Schlips getreten fühlen. Aber derlei ist er schon gewöhnt. Es gäbe also keinen Aufreger und niemand käme auf die Idee, dieser Satz wäre ehrabschneidend für Boateng oder würde gar dessen Deutschsein in Frage stellen.
Doch der Satz stammt aktuell von AfD-Vize Alexander Gauland aus einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Und wenn ein AfD-Vertreter soetwas sagt, müssen die Worte natürlich ganz anders gewichtet werden. Da kann auch aus einer Zustandsbeschreibung eine rassistische Beleidigung werden über die sich alle empören. DFB-Präsident Reinhard Grindel sagte, es sei einfach geschmacklos, die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft „für politische Parolen zu missbrauchen". Auch der Manager der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, wandte sich gegen Gaulands Bemerkungen. „Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit solchen Äußerungen konfrontiert werden. Sie bedürfen keiner weiteren Kommentierung, die Personen diskreditieren sich von alleine", sagte Bierhoff. Und Bundesjustizminister Heiko Maas darf nicht fehlen: „Einfach nur niveaulos und inakzeptabel. Wer so redet, entlarvt sich selbst – und das nicht nur als schlechter Nachbar", twitterte der SPD-Politiker.
Heiko Maas muss jetzt nur aufpassen, dass er nicht aus Versehen den gleichen Satz sagt, um den alltäglichen Rassismus anzuprangern und sich dann jemand an diesen kleinen Sturm im Wasserglas erinnert. Quelle der Zitate: www.tagesspiegel.de/politik/afd-und-fussball-nationalspieler-afd-vize-gauland-beleidigt-jerome-boateng/13656006.html
Quelle: http://sichtplatz.de/?p=6027
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