Freitag, 8. Januar 2016

"Die meisten waren Asylbewerber" Kölner Polizisten widersprechen ihren Chefs

Mehr und mehr wird über die Männer bekannt, die Silvester in Köln Frauen sexuell bedrängt und bestohlen haben sollen. Die Kölner Polizei widerspricht ihrer Führung, wonach die Täter unbekannt seien: Viele von ihnen waren Syrer, jüngst eingereiste Asylbewerber.

Offenbar sind wesentliche Angaben der Kölner Polizeispitze zu den massiven sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht unwahr. Diesen Vorwurf richten Polizisten, die zur fraglichen Zeit am Hauptbahnhof der Stadt Dienst hatten, an ihre Vorgesetzten. Der Polizeipräsident der Domstadt, Wolfgang Albers, hatte noch am Dienstag behauptet, man wisse nicht, um wen es sich bei den Tätern handele.
In der Silvesternacht waren am Kölner Hauptbahnhof Dutzende Frauen sexuell belästigt und ausgeraubt worden.(Foto: dpa)
"Tatsächlich", so berichten die diensthabenden Polizisten in der "Welt am Sonntag", "wurden etwa 100 als Täter infrage kommende Personen kontrolliert und etliche von ihnen in Gewahrsam genommen". Nach Angaben der Zeitung, hat es sich "nur bei einer kleinen Minderheit um Nordafrikaner" gehandelt. "Der Großteil der Kontrollierten waren Syrer." Und weiter heißt es in dem Bericht: "Die meisten waren frisch eingereiste Asylbewerber. Sie haben Dokumente vorgelegt, die beim Stellen eines Asylantrags ausgehändigt werden."

Die Beamten widersprechen auch der offiziellen Darstellung, es sei den Tätern primär darum gegangen, Passanten zu bestehlen. Die sexuellen Belästigungen seien nur nebenbei passiert. "In Wirklichkeit verhielt es sich genau umgekehrt", so die Kölner Polizisten zur "Welt am Sonntag". "Vorrangig ging es den meist arabischen Tätern um die Sexualstraftaten oder, um es aus ihrem Blickwinkel zu sagen, um ihr sexuelles Amüsement. Eine Gruppe von Männern umkreist ein weibliches Opfer, schließt es ein und vergreift sich an der Frau."

Nach Angaben der Zeitung wird die Aussage der Polizisten von der sogenannten "Einsatznachbereitung" der Führungsstelle der Kölner Polizei vom 2. Januar gestützt. Auch diese Darstellung stehe eindeutig im Widerspruch zu Albers' Aussagen. Aus dem Papier ergebe sich ebenfalls, dass es sich bei den Tätern zu einem Großteil um Asylbewerber handele: "Bei den durchgeführten Personalienfeststellungen konnte sich der überwiegende Teil der Personen lediglich mit dem Registrierungsbeleg als Asylsuchender des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ausweisen. Ausweispapiere lagen in der Regel nicht vor."

Laut dem Einsatzbericht seien zwischen der Silvesternacht um 22 Uhr und Neujahr um 5 Uhr morgens von der Kölner Polizei 71 Personalien festgestellt, elf Menschen in Gewahrsam genommen und 32 Strafanzeigen gestellt. Außerdem habe demnach vier Festnahmen geben. Die Daten seien laut "Welt am Sonntag" im Cebius-System der Einsatzleitstelle der Polizei dokumentiert.

Angaben offenbar bewusst zurückgehalten

Noch in der ersten polizeiinternen Abschlussmeldung des Einsatzes am Neujahrsmorgen, dem so genannten WE-Bericht ("Wichtiges Ereignis"), soll der verantwortliche Dienstgruppenleiter der Polizei die Herkunft der kontrollierten Männer nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeiger" bewusst verschwiegen haben. Zu der Zeit habe bereits der Leiter des Silvestereinsatzes darauf gedrängt, die Herkunft in dem Dokument zu nennen. Mit der sinngemäßen Begründung, dies sei "politisch heikel", soll der Dienstgruppenleiter jedoch darauf verzichtet haben. Die WE-Meldung sei am Neujahrsmorgen unter anderem auch Polizeipräsident Albers vorgelegt worden sein.

Der Kölner Polizeichef will vorläufig keine Auskünfte mehr zum Ablauf des Einsatzes geben. Zunächst müsse man nun dem NRW-Innenministerium ausführlich Bericht erstatten, ließ Albers über seinen Sprecher mitteilen. Am kommenden Montag will sich der Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags mit den Vorfällen in Köln befassen.
Doch auch NRW-Innenminister Ralf Jäger kommt immer heftiger in Bedrängnis. Wie die Zeitschrift "Focus" unter Berufung eines "Einsatzleiter-Reports" berichtet, soll Jägers Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste bei der Vorbereitung des Silvester-Einsatzes die Bitte der Kölner Polizei um eine zusätzliche Einsatzhundertschaft abgelehnt haben.

Politik und Polizei machen sich "grandios lächerlich"

Der SPD-Politiker Heinz Buschkowsky, ehemaliger Bezirksbürgermeister von Berlin Neukölln, bedauerte im Deutschlandfunk, dass "Politik, Polizei und Medien das Thema der Übergriffe bisher unter den Teppich gekehrt" hätten. Dass Namenslisten von Verdächtigen unter Verschluss gehalten würden, könne er nicht verstehen. Wichtig seien jetzt Antworten, die wehtäten. Wer eine Straftat begangen habe, müsse entsprechend bestraft werden. Auch eine stärkere Videoüberwachung und mehr Polizeipräsenz seien wichtig.

"Diese Männer haben ein völlig anderes Frauenbild. Bei Frauen, die nachts unterwegs sind, muss es sich in deren Augen um 'Schlampen' handeln - und damit um Freiwild." Religiöse Gründe für ein solches Verhalten sieht Buschkowsky in dem Interview nicht. Bei solchen Männern handele es sich kaum "um fleißige Moscheebesucher". Verantwortlich sei der kulturelle Hintergrund. Menschen, die aus einem gnadenlosen Patriarchat kämen, empfänden keine Scheu, "Frauen zu begrapschen".

Neu an den Übergriffen sei die Massivität, unterstrich der SPD-Politiker. Übergriffe in insgesamt acht deutschen Städten zeugten davon. Wenn jetzt Politik und Polizei sich gegenseitig die Schuld zuschöben, sei das "grandios lächerlich".

Vor allem macht der SPD-Politiker Fehlentwicklungen in der Integrationspolitik für ein solches Verhalten verantwortlich. Integration müsse unbedingt Staatsaufgabe und verbindlich sein. Nur so könne man Parallelgesellschaften beikommen. Gute Erfahrungen habe er in seiner Zeit als Bezirksbürgermeister mit Modellen gemacht, die direkt in den Familien ansetzten. Wichtig sei außerdem, Kinder so früh wie möglich in die Vorschulerziehung zu geben, damit sie an ein anderes Wertemuster herangeführt würden.

Quelle: n-tv.de

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